Wir leben unser Leben in dem Versuch, alles richtigzumachen. Wir wägen ab, denken nach, versuchen zu fühlen. Immer wieder sind wir konfrontiert mit unseren eigenen Themen, mit unserer Persönlichkeitsentwicklung, bis hin zu der Frage nach dem Sinn dieses Erdenlebens.
Und immer fordert das Leben uns heraus, den nächsten Schritt zu gehen. Wir versuchen, dieses Leben erfolgreich zu meistern. Dabei ist die Bedeutung von Erfolg für jeden anders und es gibt viele Definitionen davon. Auch du kennst bestimmt Lebenssituationen, in denen, die vielen auf dich einprasselnden Eindrücke zu stark sind. Du kommst nicht mehr zur Ruhe, bist emotional aufgewühlt und kannst Gedanken kaum mehr abstellen. Dann wird es Zeit für einen Perspektivenwechsel. Diese Erzählung ist eine Metapher über das Loslassen.
Erdenleben ist endlich
Unser Erdenleben ist endlich, es kann kurz oder lang sein. Es kann plötzlich enden oder das Leben entweicht uns langsam über einen gewissen Zeitraum hinweg. Krankheiten verändern uns. Diagnosen schockieren uns und versetzen Erkrankte oft in eine Starre.
Sind wir nach einer erschreckenden Diagnose noch fähig, innerlich aufzuräumen? Dinge zu klären, Beziehungen zu glätten, Altes zu erlösen, zu vergeben und um Vergebung zu bitten? Wenn die Krankheit sich im Körper ausbreitet, starke Medikationen verabreicht werden, Schmerzen und Schwäche vorhanden sind, ist es schwer. Die Kraft und Konzentration sind nicht mehr da und man kann unter Umständen nicht mehr agieren.
Im Hier und Jetzt sein – Kommunikation verbindet
Deshalb sollten wir die Gegenwart nutzen, im Hier und Jetzt wirksam sein, solange es uns gut geht. Dinge, die noch ungeklärt sind, klären. Fragen, was wir wissen möchten. Wir sollten vergeben, was nach Vergebung drängt. Wenn wir es schaffen, innerhalb der Familien gute Offenheit zu pflegen, ist das wohltuend und gesund. Wir sind alle nur begrenzte Zeit auf Erden und wissen nicht, wann diese Zeit ausläuft. Deshalb tendiere ich dazu, viel mit Familie und Freunden zu sprechen und Ungereimtheiten so schnell wie möglich aus dem Weg zu räumen.
Jedes Schicksal eines Menschen ist anders. Die Gemeinsamkeit dieser Schicksale liegt in der Tatsache, dass das Erdenleben endlich ist. Unser Seelenleben aber ist unendlich. Ich bin absolut davon überzeugt, dass wir im Tod nur den Erdenkörper, unsere menschliche Hülle, abstreifen. Als Seele gehen wir weiter, in ein Licht, das Geborgenheit gibt, und setzen unsere Reise auf anderer Ebene fort. Deshalb sollten wir nie unsere Seele vergessen.
Menschen, die uns nahestehen
Mein Leben hatte bislang einige Stationen. Viele Jahre hatten wir in Ostseenähe gelebt und um unsere kleine Familie herum gab es Menschen, die uns nahestanden. Sie gehörten zum Konstrukt unseres Lebens, ihre Kinder wuchsen mit unseren Kindern auf. Wir wurden Freunde mit Gemeinsamkeiten.
Als wir später vom Norden in den Süden umgesiedelt waren, hielt das Freundschaftsband auch noch nach 13 Jahren. Jetzt hatte ich mich entschieden, einen Flug in die alte „Heimat“ zu buchen. Der Grund: Ein Glioblastom Grad 4 im Kopf meiner Freundin – eine messerscharfe Diagnose, die Schock auslöste. Wir telefonierten viel, dann schrieben wir tägliche Nachrichten und dann kam die Stille. Keine Antworten mehr.
Eine zweite uns nahestehende Familie hilft vor Ort und unterstützt, wo sie können. Von ihnen erhielt ich die letzten Wochen regelmäßige Updates über das Befinden unserer Freundin. Es wurde also Zeit, einen Flug zu buchen und sie endlich zu besuchen. So trafen also drei befreundete Familien wieder aufeinander, wir saßen zusammen, alle aufgewühlt, innerlich bewegt. Alle mit vielen Fragen im Kopf und dem Wunsch zu helfen.
Über den Wolken muss die Freiheit wohl grenzenlos sein
Warum erzähle ich dir das? Während ich das schreibe, sitze ich im Rückflug, an einem Fensterplatz, und die Maschine hat sich über die Wolken erhoben. Eingestiegen, mit einem ratternden Verstand und aufgewühlten Emotionen, Fragen, dem Versuch zu verstehen, verwirrt und überfordert.
Ein Liedertext von Reinhard May schwirrt mir im Kopf herum: „Über den Wolken muss die Freiheit wohl grenzenlos sein. Alle Ängste, alle Sorgen, sagt man, blieben darunter verborgen und dann würde, was uns groß und wichtig erscheint, plötzlich nichtig und klein.“
Obwohl ich eigentlich nicht gerne fliege, liebe ich es, über den Wolken zu sein. Heute bin ich so dankbar für diesen Flug. Für diesen himmlischen Ausblick über den Wolken und die Befreiung. Ich bin dankbar für diese Ruhe, die sofort in meinem Bewusstsein eingekehrt ist. Für diesen Frieden, den ich wieder fühlen kann. Für das Loslassen aller Emotionen, Fragen und Sorgen.
Perspektivenwechsel – sich über das Alltägliche erheben
Sich aus der Vogelperspektive über all das Alltägliche zu erheben, ist möglich. Als ich in den Flieger gestiegen bin, war mein Kopf so voll, meine Emotionen so aufgewühlt. All unsere Gespräche, Aussprachen und diese so traurige Situation hatten mich überfordert. Verfügt man über die Fähigkeit der Empathie, ist es manchmal schwer, sich abzugrenzen.
Da ist ein Perspektivenwechsel äußerst hilfreich. Sich vorzustellen, aus der Vogelperspektive auf das eigene Selbst zu schauen, hilft. Für mich war dieser Flug wie eine Metapher. Über den Wolken ist der Körper nicht mehr das Wichtigste. Der Geist wird ruhig und klärt sich plötzlich, wie von selbst. Nun entsteht Raum, damit die Seele wieder den Platz einnehmen kann, der ihr zusteht. Eine Leichtigkeit kommt ins ganze System, die erhebend ist. Endlich loslassen und tief atmen.
Leichtigkeit durch Perspektivenwechsel
Mir hat dieser Perspektivenwechsel eindeutig gezeigt: Von oben, mit Distanz betrachtet, können wir Abstand gewinnen zu Verwirrung und aufwühlenden Emotionen. Sobald wieder Ruhe ins eigene System einkehrt, wird es möglich, mit der eigenen Seele wieder in Kontakt zu treten. Wir gelangen wieder in Selbstverbindung.
Körper, Geist und Seele
Wir sind Seele, die eine menschliche Erfahrung macht. Unsere menschliche Psyche ist komplex und die Facetten unseres Lebens sind so vielschichtig. Das kann manchmal beängstigend wirken. Im Laufe eines Lebens machen wir viele Erfahrungen, werden schon als Kinder geprägt, machen positive und negative Erfahrungen, schöne und schmerzhafte.
Viele Themen wollen geheilt werden. Damit Heilung geschehen kann, brauchen wir Achtsamkeit in unserem Leben und darf der Stresspegel nicht so hoch sein. Wenn Entspannung einkehrt, kann die Seele Platz in unserem Körper einnehmen. Sobald wir Routinen in unser Leben eingeplant haben, bauen wir kontinuierlich unsere Resilienz auf. Eine gute Resilienz ermöglicht, dass der Geist sich beruhigen kann.
Sind wir mit der Seele verbunden und können uns selbst spüren, erheben wir uns über unsere menschlichen Probleme. Stattdessen breitet sich Dankbarkeit im eigenen System aus. Wir können dann wieder lösungsorientiert wirksam sein und die Prozesse positiv begleiten.
Was, wenn keine Perspektive in Sicht ist?
Einen Perspektivenwechsel kannst du immer vornehmen. Du kannst dich zum Beispiel in die Situation eines anderen Menschen in gewisser Hinsicht hineinempfinden. Du kannst versuchen, die Dinge einmal aus seiner Sicht zu betrachten. Wenn Situationen ausweglos erscheinen für unser menschliches Empfinden, dann können wir auch versuchen, einen Perspektivenwechsel einzunehmen.
Sehe ich aus Sicht des Menschseins auf einen schwer erkrankten Menschen, könnte man verzweifeln und viele Fragen oder Verständnislosigkeit quälen. Wechsle ich die Perspektive und betrachte die Situation aus Sicht der Seele, dann kann sich das ganz anders anfühlen. Wir wissen nicht, was der Lebensplan eines Menschen alles enthält. Wir wissen nicht, welchen Weg die Seele gehen wird.
Aber wir können vielleicht erahnen, dass menschlich betrachtet Grausames für die Seele eventuell Befreiung bedeuten kann. Dass diese Seele sich vielleicht gerade inmitten einer großen Heilung befindet. Es gibt Wunder, kleine und große Wunder. Aber, was für die einzelne Seele das Wunder bedeutet, können wir manchmal nicht begreifen.
Wir können goldenes Licht senden an alle Wesen, ob Mensch oder Tier. Wir können sie segnen, sie mit positiven Gedanken und Gefühlen unterstützen und unser Herz für alle Wesen öffnen. Und wenn Situationen uns wieder einmal überfordern, dann ist die Zeit, erneut einen Perspektivenwechsel einzunehmen.
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