Dieser Artikel hat seinen Ursprung in der Blogparade von Carolin Weise, die aufgerufen hat zu „Starke Frauen – eine Kurzbiografie“. Carolin macht empathisches Coaching und Biografiearbeit.
Als ich den Aufruf las, hatte ich sofort das Bild einer Frau in meinem Kopf und mir war klar über welche Frau ich schreiben würde. Danke Carolin für den Anstoß. Es gibt einfach Menschen im Leben, die man nie vergisst, die einen geprägt haben, immer ein Teil des eigenen Lebens bleiben.
So widme ich diesen Artikel Frieda, einer Frau, die für mich so vieles verkörpert, was eine starke Frau ausmacht.
Biografie einer starken Frau
Frieda ist geboren am 1. März 1936 und aufgewachsen in Baden-Württemberg.
Während des Krieges war ihre Mutter, mit den Schwestern und den Kindern auf sich alleine gestellt. Der Vater war im Krieg und die Frauen mussten alles alleine meistern.
Geheiratet hat sie ihren Mann Alwin im Jahr 1957.
Als Tochter einer Gärtnerfamilie lebte sie in einer Gemeinschaft mit Eltern, Onkel, ihrem Mann und den Kindern in der Gärtnerei.
Bis im Jahr 1970 ein schwerer Schicksalsschlag über die Familie hereinbrach. Friedas Vater und Mutter waren im Auto unterwegs zu einer Beerdigung eines Verwandten. Gemeinsam mit Tante und Onkel, die auch ihre Nachbarn waren, fuhren sie in einem Wagen und alle vier verunglückten tödlich. Frieda und die ganze Familie standen total unter Schock, sie war damals gerade 34 Jahre jung und mit der Verantwortung für die Gärtnerei eigentlich völlig überfordert. Die jüngste Tochter war 3 Jahre alt. Ein unfassbar schwerer Schicksalsschlag und doch musste die Gärtnerei irgendwie weiterlaufen. Aber sie und ihr Mann Alwin, damals 39 Jahre nahmen die Verantwortung an.
Frieda gebar in der Zeit von 1958 bis 1967 fünf Kinder. Als sie gerade wieder Fuß gefasst hatten, verunglückte im Jahr 1987 auf tragische Weise einer ihrer Söhne im Alter von 26 Jahren mit dem Auto und verstarb. Wieder stand die gesamte Familie unter Schock.
In dieser Zeit 1979 machte Alwin Bekanntschaft mit einer Glaubensgemeinschaft, zu der er sich hingezogen fühlte. Diese Menschen und ihre Prinzipien hatten Alwin sehr berührt und der Kontakt wurde intensiver.
Es wurden Veranstaltungen besucht und Alwin und Frieda begannen den sogenannten inneren Weg in dieser Gemeinschaft zu gehen. Das war eine innere Schule zur Reinigung der Seele und Befreiung. Tägliches Gebet, Tagebuchschreiben, Körperübungen, Meditationen und ein Leben und Arbeiten nach der Bergpredigt wurde angestrebt.
Im Jahr 1985 siedelten Alwin und Frieda um, in die Stadt der Glaubensgemeinschaft, um dort mit anzupacken und wieder eine Gärtnerei aufzubauen. Alle Kinder waren schon aus dem Haus, der zweitälteste übernahm die Gärtnerei in Baden Württemberg. Nach seinem Tod im Jahr 1987 wurde die Familiengärtnerei dann verkauft.
Dort brachten sie ihr Hab und Gut in die Gemeinschaft ein, zum Wohle aller und stellten ihr Leben in den Dienst Gottes. Sie lebten und arbeiteten nach den 10 Geboten in der Gemeinschaft, in Wohngemeinschaften und brachten die Gärtnerei zum Aufschwung. Alles biologischer Anbau, mit einer Hingabe und Liebe zu den Pflanzen, die mir nie mehr begegnet ist bei einem Menschen.
Da ich selbst zehn Jahre in dieser Gemeinschaft gelebt und gearbeitet habe, lernte ich dort Frieda kennen und ihre Tochter, die noch heute meine Freundin ist.
Hier möchte ich die Besonderheiten, Qualitäten und Werte der einzigartigen Frieda hervorheben, die mich tief berühren. Trotz einem wirklich schweren und extrem herausfordernden Leben blieb ihr Herz offen und war sie immer bereit zu lieben und zu geben. Sie ist mir in vielen Dingen ein Vorbild und ich konnte viel von ihr lernen.
„Liebe Frieda, ich bin so dankbar, dir begegnet zu sein und Seite an Seite mit dir gearbeitet zu haben. Du warst der Segen in einer der schwierigsten Zeiten meines Lebens. DANKE von Herzen.“
Dankbarkeit
So viele Schicksalsschläge ertrug Frieda und war nie undankbar.
Sie hat alles angenommen, was das Leben ihr an Herausforderungen gebracht hat und zwar ohne zu klagen. Sie lebte immer friedvoll, war demütig und fleißig. Frieda dankte für die Ernte, für das Essen und nahm nichts als selbstverständlich. Sie achtete ihren Mann bis ins hohe Alter und war ihm eine treue Begleiterin. Sie war dankbar für ihre Kinder und Enkel. Sie lebte sehr bescheiden und wertschätzte die Dinge, die sie umgaben. Sie war auch sehr akkurat, wenn man mit ihr beim Ernten auf dem Feld war, erklärte sie ganz genau die Abläufe und schaute auch ganz genau hin, ob man es richtig machte. Nicht weil sie einen kontrollieren wollte, nein weil sie wollte, das man die Sache von Grund auf versteht. Aber auch, weil sie so viel Achtung vor den Früchten hatte, das sie unbedingt korrekt geerntet werden sollten. Nichts sollte zertreten werden oder zu früh gepflückt. Im genau richtigen Reifezustand, damit die Märkte zufrieden waren und weil sie die Liebe zur Pflanze hatte. Ich durfte von ihr die Erdbeerernte lernen und heute noch gehe ich jedes Jahr einmal mit meinen Söhnen auf ein Erdbeerfeld zum ernten. Das von Frieda gelernte, habe ich an die Jungs weitergeben und wir alle lieben es vollreife Erdbeeren zu pflücken und zu verarbeiten.
Wertschätzend und sparsam
Sie war sparsam in allen Bereichen und schätzte alles, was ihr gegeben war. Jede Frucht, jedes Blümlein oder Kräutlein war ihr wichtig. Nichts hat sie verderben lassen, was zu viel war, wurde eingekocht. Ich durfte so viel von ihr lernen. Wie man Tomatensauce einkocht, Apfelmus herstellt, Marmeladen einkocht, Birnen einkocht. Sie hat mir gezeigt, wie ich in der Küche schneller vorankomme, mit einfachen kleinen Tricks, von denen ich bislang noch keine Ahnung hatte.
Oh mein Gott, ich weiß noch, als klar war, ich sollte für einige Wochen in der Betriebsküche das Kochen für die Mitarbeiter übernehmen und das vegan. Wow, wie sollte ich das machen? Ich hatte echt keine Ahnung, aber Frieda erklärte mir alles geduldig, besprach mit mir die Gerichte und zeigte mir, welche Zutaten ich verwenden sollte. Denn aus der Gärtnerei gab es immer Ware, die verarbeitet werden sollte.
Im Rhythmus der Jahreszeiten
Sie lebte ihr ganzes Leben sehr nah an der Natur und mit den natürlichen Rhythmen. So wurde immer saisonal gekocht und gegessen. Sie hatte immer für den ganzen Winter vorgesorgt, die Speisekammer war voll. Das raue Leben der Gärtnerin war sie gewohnt und war bei jedem Wetter draußen auf dem Feld oder in den Gewächshäusern. Sie war fit und gesund und konnte die Gärtnerei bis ins hohe Alter von 79 Jahren noch bewirtschaften.
Nach dem Tod ihres geliebten Mannes hat sie jetzt einen wohlverdienten Altersruhesitz in einer Wohngemeinschaft mit ihrem ältesten Sohn und selbst jetzt bekocht sie noch die Wohngemeinschaft.
Fleiß
Frieda war immer fleißig, sie lag nie bis mittags im Bett oder machte viel Urlaub oder schaute fern. Nein sie nutzte jeden Moment ihres Lebens sinnvoll. Sie stand jeden Tag auf, an guten und an schlechten. Sie arbeitete von früh bis spät draußen bei den Pflanzen, in ihrem eigenen wunderschönen Hofladen und im Haushalt in der Betriebsküche. Was für eine Frau! Sie lehnte sich nie zurück, nahm jede Anstrengung an und gab sich ganz!
Einmal sollte der Keller aufgeräumt werden und ich hatte doch panische Angst vor Spinnen. Und ich kann dir sagen, es lebten viele Spinnen dort unten. Ich sollte eigentlich die Regale saubermachen und wieder einsortieren. Aber ich drehte durch, die Spinnen waren schon ganz wuschig, weil sie meine Angst spürten und das machte mich noch nervöser.
Irgendwann gab ich auf, bin zu Frieda und sagte, ich kann das nicht, gib mir irgendeinen anderen Job, aber das schaffe ich nicht. Sie ging mit mir in den Kellerraum, streckte die Hand aus und sprach mit den Spinnen. Sie sagte: Ach Spinnlein, fürchte dich nicht, komm zu mir, ich trag dich raus. Ohne Witz – diese Spinnen waren unverzüglich ruhig und gelassen geworden. Während sie bei mir hysterisch durch die Gegend rannten, was mir noch mehr Angst machte, kamen sie auf die Hand von Frieda und ließen sich nach draußen bringen.
Diese Frau hatte ein so reines Herz und eine solch große Liebe zu allen Geschöpfen, das hat mich nur noch fasziniert. Dabei machte sie keinen Unterschied, sie achtete jedes Wesen.
Werte und Herzlichkeit
Auch Menschen gegenüber wertete sie nie und gab jedem Menschen eine Chance. So etwas war mir noch nie zuvor begegnet. Von Frieda konnte ich erfahren, wie es sich anfühlte, wenn man nicht wertet. Sie hatte immer ein offenes Herz und ein offenes Ohr für die Anliegen ihrer Mitmenschen. Und in all den Jahren in der Gärtnerei hatte sie so viele Menschen um sich.
Aushilfen, Verkäufer, Gärtner und dann auch noch die WG-Mitbewohner. Wohnen und arbeiten an einem Ort ist ja auch schon eine Herausforderung. Aber eine WG ist zusätzlich anstrengend. Sie hat aber jeden angenommen, wie er war, gab Impulse aber hat dann wieder losgelassen, was der Einzelne daraus machen wollte.
Hilfsbereitschaft
Sie war immer bereit, zu helfen.
Vier Jahre lebte ich auf einem sehr abgelegenen Lebenshof, ohne Wasser- und Stromanschluss. Wir hatten Brunnenwasser und für den Strom ein uraltes Aggregat im Keller. Während der Sommermonate kam es vor, dass das Wasser für die über 100 Tiere nicht ausreichte. Wieder war es Frieda und ihr Mann Alwin, die mir Hilfe anboten. Ich durfte mit dem Schlepper und Wasserwagen bei der Gärtnerei Wasser holen für die Tiere. Und ich durfte sogar dort duschen, was am Hof ja nicht möglich war.
Als ich mein erstes Kind geboren hatte, war ich ziemlich auf mich allein gestellt. Der Kleine
weinte wochenlang und ich war völlig verzweifelt. Die Situation in meiner Wohngemeinschaft war sehr belastend.
Alles schien sich zu verändern und ich kam an meine Grenzen mit meinem Schrei-Baby.
Frieda erkundigte sich nach mir und ich erzählte, wie es mir ging.
Von da ab kam sie öfters nach ihren wirklich langen, anstrengenden Tagen in der Gärtnerei und ihrer vielen Arbeiten noch am Hof vorbeigefahren. Sie nahm den Kleinen auf den Arm und er wurde sofort ruhig. Sie strahlte einfach Geborgenheit und Wärme aus.
So konnte ich mich ausruhen, Kraft tanken und der Kleine auch. Damals ging es mir so schlecht und ich war so ratlos, ich zweifelte an meinen Fähigkeiten als Mutter. Aber Frieda gab mir das Gefühl richtig zu sein, sie brachte Verständnis, Liebe und Güte ins Haus und in mein Herz. Endlich fand dann auch ein Arzt heraus, was dem Baby fehlte und er wurde operiert. Von da an ging es ihm viel besser und er war ein sonniges Baby.
Glaube und Gott-Verbundenheit
Frieda war so fest mit der geistigen Welt verbunden. Sie glaubt an einen großen Gott und lichte Wesen. Engel, Elfen, Feen und Gnome – sie hatte zu allem eine gute Verbindung. Jedes Pflänzlein nahm sie als die Schöpfung Gottes wahr und hatte große Achtung davor.
Natürlich liebte und achtete sie auch jeden Tier als Wesen Gottes, als Tiergeschwister. Sie lebte vegetarisch und dann später sogar vegan und setzte den pflanzlich-vollwertigen Lebensstil sogar in der Betriebsküche um. Sie kochte jeden Tag so herrliches Essen, ich erinnere mich heute noch daran.
Der tiefe, innige Glaube daran, dass wir alle geliebte Kinder Gottes sind, gab ihr dieses Vertrauen.
Frieda lebte mit den Elementen und war stets in Verbindung und inniger Kommunikation mit Feuer, Wasser, Luft und Erde. Sie liebte und achtete Mutter Erde immer.
Selbst als sie schwer erkrankte, vertraute sie auf Schutz und meisterte auch diese schlimme
Zeit in ihrem Leben. Sie hatte es geschafft, wieder gesund zu werden.
Loslassen und segnen
Ich fragte Frieda einmal, wie sie das eigentlich schafft, ihre 4 Kinder so frei zu lassen, zumal sie ja einen Sohn verloren hatte. Sie antwortete mir in ihrer ruhigen und liebevollen Art: „Ich habe gelernt zu vertrauen, sie in die Hände Gottes zu legen und darauf zu vertrauen, das sie alle geschützt sind. Das für sie gesorgt ist und ihre Schutzengel auf alle aufpassen. Würde ich mich jeden Tag um alle sorgen, würde ich krank werden.“
So gab sie den Kindern immer liebevolle, gute Ratschläge und Hilfen, wenn sie zu Besuch kamen oder im Hofladen vorbeischauten. Aber sie hat sie nie beeinflusst in ihren Entscheidungen und war immer wohlwollend.
Felsenfestes Vertrauen
Ja, Friedas Vertrauen in Gott ist felsenfest. Sie nimmt das Schicksal an, wie es kommt und bespricht im Gebet alles mit der geistigen Welt. Hier findet sie ihren Halt und Sicherheit. Sie ist der Überzeugung, dass nichts im Leben zufällig passiert und alles eine tiefere Bedeutung hat. Alles nahm sie an als zum Lernen gegeben. Und so machte sie aus allen Stolpersteinen das Beste. So viele schwierige Situationen hatte sie in ihrem Leben zu meistern, doch sie konnte immer bestehen. Komplizierte, schwierige Menschen waren für sie auch kein Problem. Sie betete viel und war sich sicher, die göttliche Quelle würde sie nie im Stich lassen und sie immer unterstützen. Biologisch anzubauen, ist wirklich nicht einfach. Aber Frieda und Alwin haben es immer geschafft, wundervolle, starke Pflanzen zu ziehen und großen Ertrag zu ernten. Sie pflegten und hegten ihre Pflanzen und hüteten das ganze Areal.
Sie lebte stets wach, klar und bewusst. Selbst als ihr Mann Alwin sich mehr und mehr aus dem irdischen Leben zurückzog, war sie es, die stark an seiner Seite stand. Sie pflegte ihn und begleitete ihn bis zum letzten Atemzug. Was für eine wunderbare, starke Frau.
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